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Ralf Schuricht: Taratalla. Latein Grammatik, 2009 <www.taratalla.de>.

4.6 Nebensätze

4.6.3 Vergleichssätze

Vergleichen kann man die Identität von Personen und Sachen, ihre Anzahl und Eigenschaften sowie Handlungen bzw. Aussagen. Als Ergebnis kann die Gleichheit bzw. Ungleichheit, eine allgemeine Ähnlichkeit bzw. Unähnlichkeit oder ein konkreter Unterschied festgestellt werden.
Vergleichssätze werden oft in verkürzter Form wiedergegeben, d.h. Haupt- und Nebensatz haben nur ein Prädikat.
Korrelative Verbindung
betonen durch ihre Parallelität in besonderem Maß die Gleichheit von zwei Aussagen.
idem – quī
Zum Ausdruck der Gleichheit von Personen und Sachen (derselbe – der / wie):
Hic vir īdem est, quem herī in forō vīdī. – Dies ist derselbe Mann, den ich gestern auf dem Forum gesehen habe.
Hodiē idem dīcis, quod herī dīxistī. – Du sagst heute dasselbe wie gestern.
Enthält der Satz nur ein einziges Prädikat, darf nach īdem auch ac (wie) folgen:
Marcus eandem puellam amat ac Gaius. – Marcus liebt dasselbe Mädchen wie Gaius.
tam – quam
tālis – quālis
tantus – quantus
tot – quot
totiēns – quotiēns
Zum Ausdruck der Gleichheit von Anzahl oder Eigenschaft (so – wie, so beschaffen – wie, so groß – wie, so viele – wie, sooft – wie):
Tertia tam pulchra quam prūdēns est. – Tertia ist so schön, wie sie klug ist.
Tertia tantae pulchritūdinis quantae prūdentiae est. – Tertia ist von ebenso großer Schöheit wie Klugheit.
Quālis pater, tālis fīlius (est)!. – Wie der Vater, so der Sohn!
Tot basia tibī dare velim, quot sīdera in caelō sunt. – Ich möchte dir so viele Küsse geben, wie Sterne am Himmel stehen.
Ille glādiātor totiēns vīcit, quotiēns pūgnāvit. – Jener Gladiator hat sooft gesiegt, wie er gekämpft hat.
eō – quō
tantō – quantō
Zum Ausruck des gleichen Ausmaßes vor Komparativen (desto / um so – je):
Quō plūs lēgeris, eō doctior eris. – Je mehr du liest, desto gebildeter wirst du sein.
Quantō pulchrior Tertia fit, tantō plūrēs virī eam amant. – Je schöner Tertia wird, desto mehr Männer lieben sie.
tantopere –
    quantopere
Bei Verben zum Ausdruck der gleichen Intensität von Handlungen (so sehr – wie):
Tantopere nunc tē amō, quantopere amāvī. – Ich hasse dich nun ebenso sehr, wie ich dich geliebt habe.
ita – ut
sīc – ut
Zum Ausdruck der Gleichheit / Parallelität von Handlungen (so – wie). Die so verglichenen Handlungen weisen oft einen entgegengesetzten Inhalt auf, so dass man die Partikel auch mit "zwar – aber", "sowohl – als auch" oder "einerseits – andererseits" übersetzen kann:
Ita mortuus est, ut vīxit. – Er ist so gestorben, wie er gelebt hat.
Tē ut amō, sīc ōdī. – Einerseits hasse ich dich, andererseits liebe ich dich.
Anstelle von ut kann auch quemadmodum oder quōmodo stehen.
Nicht selten wird ut ohne korrespondierende Partikel als erläuternder Einschub verwendet.
..., ut suprā dīxī, ... – ..., wie ich oben gesagt habe, ...
..., ut erat amāns, ... – ..., verliebt wie er war, ... (oder: da er nunmal verliebt war)
..., (vel)ut Marcus et Lūcius, ... – ..., wie z.B. Marcus und Lucius, ...
Freiere Verbindungen
Eine klare inhaltliche Trennlinie wie im offiziellen Hochdeutschen, wo wir unterschiedliche Vergleichspartikel bei Gleichheit (wie) und Ungleichheit (als) verwenden, gibt es im Lateinischen so nicht. ac/atque wurde von den Begriffen der Gleichheit bald auch auf die entgegengesetzten Begriffe übertragen und findet sich gelegentlich sogar nach verneinten Komparativen (verneinter Unterschied = Gleichheit!). Umgekehrt findet man in nachklassicher Zeit quam auch nach Begriffen der Ungleichheit, die klassich mit ac/atque konstruiert werden müssten.
atque
Nach Adjektiven, Adverbien und Pronomina, die Gleichheit und Ähnlichkeit bzw. eine allgemeine Ungleichheit oder Unähnlichkeit ausdrücken.
Tertia aequae / similis / eiusdem prūdentiae est ac Lūcius. – Tertia ist von gleicher / ähnlicher / derselben Klugheit wie Lucius.
Dīcit aliter ac sentit. – Er spricht anders als er denkt.
Tertia ēgit perinde / contrā atque exspectāveram. – Tertia verhielt sich genau so wie / völlig
anders als ich es erwartet hatte.
Vor Vokalen, h und gutturalen Konsonanten wird atque, vor allen anderen Konsonanten ac verwendet.
quam
Nach Komparativen und Verben mit komparativer Bedeutung:
Tertia māiōris / minōris prūdentiae est ac Lūcius. – Tertia ist von größerer / geringerer
Klugheit als Lucius.
Tertiam magis amat quam ab eā amātur. – Er liebt Tertia mehr, als er von ihr geliebt wird.
Lūdere māvult quam discere. – Er will lieber spielen als lernen.
Praestat tē dīvitem et salvum esse quam pauperem et aegrōtum. – Es ist besser reich und
gesund zu sein als arm und krank.
Vor allem beim Vergleich von Subjekten bevorzugt der Lateiner jedoch den Ablativus comparationis.
Vor Superlativen, teils mit, teils ohne folgende Form von posse, um das größtmögliche Ausmaß einer Eigenschaft anzugeben. Die deutsche Standardübersetzung ist "möglichst":
Tertia quam celerrimē (potuit) cucurrit. – Tertia lief möglichst schnell.
Agēmus cum quam maximā (potest) prūdentiā! – Lass uns mit größtmöglicher Klugheit handeln!
nisī
Nach Negationen und Fragewörtern anstelle von ac, atque:
Quis est aequae / similis prūdentiae nisī Tertia? – Wer ist von gleicher / ähnlicher Klugheit wie Tertia?
Nūllam aliam nisī tē amābō. – Ich werde keine andere als dich lieben.
In Verbindung mit Komparativen oder tam bleibt es jedoch bei quam.
quasī
ac sī
ut sī
velut sī
tamquam sī
Zur Einleitung von hypothetischen Vergleichen. Die vollständigen Vergleichssätze stehen daher im Konjunktiv. Dieser richtet sich im Lateinischen nach der consecutio temporum; im Deutschen verwenden wir den Konjunktiv II.
Incēdis quasi ēbrius (sīs). – Du läufst herum wie (wenn du) besoffen (wärst).
Bibit tamquam sī trēs diēs nihil biberit. – Er trinkt, als ob er drei Tage lang nichts getrunken hätte.
4.6.1 Zeitenfolge in Nebensätzen 4.6.2 Relativsätze 4.6.4 Indirekte Fragesätze 4.6.5 Konjunktionalsätze
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